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Online-Recherche-Tools: Meine Tipps für angehende Journalist:innen

Online-Recherche-Tools sind eine Möglichkeit, die eigene Recherche zu optimieren. Ein Notizbuch fasst die Gedanken zusammen.

Mit einigen Websites, Tipps und Tricks kommen Journalist:innen schneller zur gesuchten Information oder zum gesuchten Dokument. Ich stelle dir hilfreiche Online-Recherche-Tools vor, die ich in meiner tagtäglichen Arbeit als Journalist einsetze.

Ich bin regelmäßig in Medienhäusern und an Medienakademien zu Gast, um mit Quereinsteiger:innen, Berufsanfänger:innen und Volontär:innen über Grundlagen der Recherche zu sprechen. Die Art, wie wir Journalist:innen unsere Informationen finden, ist im Prinzip gleichgeblieben. Durch das Internet kommen wir aber deutlich schneller an Dokumente, Statistiken und Zitate. Gleichzeitig eröffnen sich durch die Online-Recherche neue Wege, um an Informationen zu kommen.

Sorgfaltspflicht
Zwei-Quellen-Prinzip
Ran an die Primärquelle
Quellentransparenz
Sauberer Umgang mit Zahlen

Grundlagen journalistischer Recherche

In meinen Workshops und Seminaren vermittle ich das nötige Handwerkszeug für die Kolleg:innen. Wenn du aber einen kleinen Überblick zu den wichtigsten Online-Recherche-Tools bekommen möchtest, bist du hier richtig. Ich habe die Websites, Apps und Tipps zusammengestellt, die ich am häufigsten verwende.

Online-Recherche-Tools: Informationen finden

Am häufigsten ist Online-Recherche wichtig, wenn du schnell an eine gesuchte Information oder ein Dokument kommen möchtest. Folgende Tools und Tricks können dabei helfen.

Suche mit Operatoren

Operatoren machen aus einer einfachen Websuche eine erweiterte Websuche. Das sind Begriffe oder Zeichen, die du direkt bei der Suche nach Informationen in die Suchleiste eingibst und damit Ergebnisse vorsortierst. Durch diese Methode kommst du schneller an dein Suchergebnise oder an einzelne Unterlagen.

Die Basisoperatoren bestehen aus einzelnen Zeichen, die um das gesuchten Keyword bzw. die Keyword-Kombinationen „herum gelegt“ werden.

  • + mit dem Plus-Zeichen können mehrere Begriffe miteinander verbunden werden, um gezielter zu suchen (entspricht der Standardsuche bei Google), z.B. “Blog+Kommentare”. Das Plus kann auch durch den Begriff AND ersetzt werden.
  • mit dem Minus werden Suchbegriffe ausgeschlossen, z.B. “Jaguar -Auto” gibt nur Ergebnisse mit Jaguar, aber ohne Auto aus.
  • | mit dem Pipe-Symbol können Begriffe separiert werden (entweder das eine oder das andere), z.B. “Reis + Soße | Nudeln”. Der Pipe kann auch durch das Wort OR ersetzt werden.
  • “ „ Die exakte Phrase wird gesucht, z.B. “Angela Merkel” -> Angela Dorothea Merkel würde nicht angezeigt, da das Dorothea stört.
  • * der Stern wird auch Wildcard Suche genannt, damit kann man Begriffe ersetzen, die nicht bekannt sind, z.B. “Nudeln mit *”

Weitere hilfreiche Operatoren, die ich täglich nutze, sind:

  • filetype: Mit diesem Operator zeigt dir deine Suchmaschine nur Dateien mit der gewählten Dateiendung an. Für Dokumente ist “filetype:pdf” oder “filetype:doc” besonders hilfreich. Für Statistiken oder Tabellen hilft “filetype:xls”.
  • site: Dieser Operator zeigt dir nur Suchergebnisse der gewählten Domain an. So kannst du Websites “von außen” durchsuchen. Beispiel: site:youtube.com oder site:.gov
  • Google speichert von vielen Websites eine Kopie auf den eigenen Servern ab. Um diese Kopie aufzurufen, beispielsweise wenn die Seite down ist, einfach den Operator cache: vor die jeweilige URL setzten.

Die Operatoren kannst du in der Suchmaschine deiner Wahl einsetzen. Eine vollständige Übersicht aller Suchoperatoren gibt es beispielsweise hier.

WolframAlpha

WolframAlpha ist eine sogenannte semantische Suchmaschine, die von Stephen Wolfram erfunden und seit 2005 stets weiterentwickelt wird. Das Ziel einer Suchanfrage über WolframAlpha ist nicht eine Liste mit Hyperlinks, über die User:innen eine Antwort auf die eigene Anfrage finden sollen, sondern eine Zusammenstellung von Fakten als konkrete Ergebnisse, ähnlich wie bei Googles Knowledge Graph. Frage ich beispielsweise nach dem Wetter am 13. Januar 1986 in Chicago oder Kiel, liefert mir WolframAlpha einen historischen Wetterbericht. Über diesen Weg kann ich aber beispielsweise auch Fakten über Personen, Orte oder Länder finden.

Der Statista-Trick

Ich nenne Statista gerne „das Wikipedia für Besserverdienende“, denn weder ist die Plattform eine Primärquelle, noch können wir uns darauf verlassen, dass die aggregierten Informationen richtig zusammengestellt wurden. Das Geschäftsmodell von Statista funktioniert so: Das Unternehmen sucht sich Daten aus meist öffentlich zugänglichen Quellen, visualisiert diese und sorgt mit sehr guter Suchmaschinenoptimierung (SEO) dafür, dass bei einer Suche nach einer geeigneten Statistik Statista immer ganz vorne in den Suchergebnissen erscheint. Einige der so veröffentlichten Daten sind kostenlos zugänglich, viele sind aber hinter einer kostenpflichtigen Paywall.

Die Stadt- und Landesbibliothek Dortmund gibt hilfreiche Tipps zur Nutzung von Statista.

Auch wenn Statista selbst keine geeignete Primärquelle ist, können wir die Plattform aber als Ausgangspunkt für unsere Recherche nutzen. Dafür benötigen wir einen Premium-Zugang, denn nur mit diesem gewährt uns Statista Zugriff auf die Primärquelle der Daten. Inzwischen haben viele Unternehmen und Redaktionen entsprechende Lizenzen bei Statista erworben. Eine weitere Möglichkeit, um Premium-Zugriff zu bekommen, sind Bibliotheken. Fünf Bibliotheken haben Lizenzen mit Statista – beispielsweise in Berlin, Hamburg oder Bremen. So kannst du mit deinem Bibliotheksausweis kostenfrei Zugriff auf alle Premium-Funktionen von Statista erhalten. Hast du dich eingeloggt, kannst du über den Link unter dem Stichwort Herkunftsverweis bei der jeweiligen Statistik die Primärquelle abrufen.

Genios

Pressearchive sind prima, um sich schnell einen Überblick zu bisheriger Berichterstattung zu einem Thema zu verschaffen. Einige Redaktionen führen eigene Pressearchive, andere haben Zugang zu externen Pressearchiven. Wenn dein Medienhaus kein eigenes Pressearchiv führt, kannst du auf Dienste wie Genios zurückgreifen. Der Dienst ist zwar kostenpflichtig, aber auch hier hilft der Lifehack Bibliothek. Viele Bibliotheken in Deutschland haben Lizenzverträge mit Genios. Um den Dienst zu nutzen, loggst du dich mit den Zugangsdaten deines Bibliotheksausweises ein und hast dann Zugriff auf Tausende Artikel. So kannst du beispielsweise auch Artikel lesen, die hinter einer Paywall liegen.

Munzinger

Enzyklopädien wie Munzinger sind praktisch, um schnell verlässliche Fakten über Personen, historische Ereignisse oder Länder zusammenzutragen. Auch dieser Dienst ist kostenpflichtig. Einige Verlage haben aber auch hier Lizenzen erworben. Alternativ bekommst du Zugriff über deinen Bibliotheksausweis.

Online-Recherche-Tools: Wissenschaftliche Quellen

Wenn es in die Tiefe geht, brauchen wir verlässliche wissenschaftliche Forschungsergebnisse. Passende Paper, Studien, Daten und Hintergründe lassen sich schnell mit den geeigneten Tools finden.

Google Scholar

Googles Suchmaschine für wissenschaftliche Veröffentlichungen Scholar kennst du vielleicht. Das Tool ist nicht nur praktisch im Studium, sondern unterstützt uns auch in der journalistischen Recherche. Du gibst dein Thema oder deinen Suchbegriff ein. Scholar zeigt dir im Anschluss passende Paper an. Ist der Name des:der Wissenschaftler:in unterstrichen, hat die Person ein Profil bei Scholar. Dann bekommst du Statistiken zu Häufigkeit von Zitationen und der Anzahl der Veröffentlichungen angezeigt. Das hilft dabei, die jeweilige Person zu bewerten. Die Veröffentlichungen sind direkt verlinkt. Von dort kannst du weitersuchen, zum Beispiel mit dem nächsten Tool.

Connected Papers

Das Tool Connected Papers ist mein Lieblingstipp, wenn es um Online-Recherche geht. Um die Website zu nutzen, brauchst du eine Studie bzw. eine wissenschaftliche Veröffentlichung als Ausgangspunkt. Diese findest du beispielsweise über Google Scholar. Du startest deine Suche entweder mit dem Titel des Papers oder dessen DOI. Anschließend zeigt dir Connected Papers eine grafische Übersicht damit verbundener weiterer wissenschaftlicher Paper an. Je größer eine Blase, desto häufiger zitiert. Je dunkler eine Blase, desto neuer ist die Publikation. Paper, die sich häufiger aufeinander beziehen, sind enger nebeneinander. So werden auch inhaltliche Schwerpunkte erkennbar.

Neuerdings ist Connected Papers auch mobil verfügbar.

Fachdienste

Journalist:innen sind in den meisten Fällen keine ausgebildeten Wissenschaftler:innen. Das hilft uns dabei Informationen und Erkenntnisse so zu formulieren, dass es auch ein nicht-wissenschaftliches Publikum versteht. Es hat aber auch den Nachteil, dass wir teilweise wissenschaftliche Zusammenhänge nicht vollständig erfassen können, weil uns das Hintergrundwissen fehlt. Hier können wissenschaftliche Fachdienste Abhilfe schaffen.

Der Informationsdienst Wissenschaft (idw) ist das Nachrichtenportal für Aktuelles aus Wissenschaft und Forschung. Er bringt Wissenschaft und Öffentlichkeit zusammen, indem er die Nachrichten und Termine seiner rund 1.000 Mitgliedseinrichtungen veröffentlicht und an 42.000 Abonnent:nnen versendet, darunter mehr als 9.000 Journalist:nnen. Der Dienst bietet auch eine Expert:innen-Vermittlung für Journalist:innen an.

Eine weitere hilfreiche Einrichtung bei der Recherche ist das Science Media Center. Ein Netzwerk aus Forschenden bereitet aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand verständlich für Medienschaffende auf. Das Team veröffentlicht Fact Sheets, Einschätzungen und gibt Hinweise auf weiterführende wissenschaftliche Literatur. Auch das Science Media Center hilft bei der Vermittlung von geeigneten Expert:innen im jeweiligen Fachbereich.

Online-Recherche-Tools: Unternehmensdaten

Weitere Online-Recherche-Tools können helfen, wenn ich mehr Informationen zu einem Unternehmen sammeln möchte.

Unternehmensregister und Handelsregister

Sitzt ein Unternehmen in Deutschland, hilft ein erster Blick ins Unternehmensregister bzw. ins Handelsregister. Über den Namen eines Unternehmens, dessen Gesellschafter:innen oder der Registernummer kann ich Unternehmensdaten abfragen. Ein Teil der Informationen ist frei zugänglich, andere Dokumente können kostenpflichtig abgerufen werden. Das kostet in den meisten Fällen nur wenige Euro.

North Data

Dienste wie North Data aggregieren diese Informationen und bereiten diese auf. Vorteil: Der Service ist in der Basis-Version völlig kostenlos. Die Suchfunktion ist deutlich besser als auf den Registerportalen. Und die Aufbereitung der Daten ist auch verständlicher.

Produktvideo von North Data

Möchte ich mehr Informationen zu einer Person oder Zugriff auf detaillierte Unternehmensdaten, ist ein Premium-Zugang erforderlich. Für Investigativ-Journalist:innen stellt North Data den Premium Service kostenfrei zur Verfügung.

OpenCorporates

Ähnlich wie North Data arbeitet OpenCorporates. Die Seite umfasst Firmendaten aus aller Welt. Sie wird vom britischen Journalisten Chris Taggart betrieben, der versucht, von Handelsregistern weltweit Datensätze zu erhalten. Die Suche kann nach Firmen- oder nach Personen durchgeführt werden. Darüber hinaus gibt es einen Filter nach Land, nach Datenart, Firmenstatus und Firmentyp.

Auf welche Website, auf welches Online-Recherche-Tool kannst du nicht mehr verzichten? Schreib mir eine Direktnachricht bei Twitter.