Die Konkurrenz steigt: Um für Fachkräfte und den Nachwuchs relevant zu bleiben, müssen Unternehmen umdenken und den Bewerbungsprozess völlig neu angehen – auch im Journalismus. Ich verrate, wie die Stellenanzeige der Zukunft aussehen sollte.
Bei der Recherche für meinen Job-Newsletter ist mir in dieser Woche eine besondere Stellenanzeige untergekommen. Die Passion4Business GmbH (F.A.Z.-Gruppe) sucht für ihr Portal Für Gründer eine:n Senior Online Redakteur:in – soweit so normal. Doch der Aufbau der Stellenanzeige und die Zielgruppen-Ansprache ist anders als gewohnt.
Kein langer Anforderungskatalog, keine Textwüsten zum Unternehmen, keine Formalitäten. Stattdessen fokussiert sich die Firma auf das, was die Generation Z erwartet: Hohe Flexibilität, ein verlässliches Einkommen und ein extrem einfacher Bewerbungsprozess ohne große Barrieren. Der Bewerbungsprozess läuft über eine kleine Landingpage, die an Typeform angelehnt ist. Statt Anschreiben, Lebenslauf und komplizierter Registrierung im eigenen Karriereportal müssen Bewerber:innen sich nur zwei bis drei Minuten durchklicken und haben ihr Interesse an der Stelle bekundet.
Dass die Stellenanzeige der Zukunft genau so aussehen muss, haben viele Unternehmen bislang noch nicht verstanden. Lange mussten sich junge Menschen aufwendig beim Unternehmen bewerben und in einem langwierigen Prozess davon überzeugen, das richtige Talent für die ausgeschriebene Stelle zu sein. Friss oder stirb. Eigene Wünsche und Interessen waren egal. Nine to five arbeiten, im Büro, 40 Stunden die Woche. Doch das Blatt hat sich gewendet.
Die Boomer gehen in den kommenden Jahren in Rente und niedrige Geburtenraten sorgen dafür, dass in den meisten Branchen Nachwuchs und Fachkräfte fehlen. Das sehen wir aktuell an den Flughäfen, im Handwerk, in der Pflege – aber auch im Journalismus. Bewerber:innen haben entsprechend extrem große Auswahl und können sich den:die Arbeitgeber:in aussuchen.
Unternehmen müssen entsprechend ihr Mindset anpassen. Arbeitgeber:innen müssen sich bei den Talenten bewerben und überzeugen können sie diese nur, wenn sie die eigenen Interessen zurückstellen, in Benefits investieren, diese kommunizieren und den Bewerbungsprozess vereinfachen. So macht es Für Gründer und ich bin mir sicher, dass das Unternehmen auf diesem Wege schnell geeignete Talente überzeugen kann. Lass uns deshalb mal gemeinsam analysieren, wie das Unternehmen die eigene Ausschreibung aufbaut.
Stellenanzeige der Zukunft: Das Versprechen
Landet ein:e Bewerber:in auf der Microsite des Unternehmens, bekommt er:sie als erstes einen Überblick zu den Vorteilen im Unternehmen zu arbeiten. Dazu zählt die Möglichkeit, komplett remote zu arbeiten und dabei die Einrichtung des eigenen Arbeitsplatzes bezahlt zu bekommen. Workation ist ebenfalls möglich. Inzwischen eine Angebot, das selbstverständlich sein sollte. Das Versprechen, 20 Prozent mehr Geld als beim aktuellen Unternehmen gezahlt zu bekommen. Und der Ausblick auf eine Vier-Tage-Woche nach drei Jahren Betriebszugehörigkeit ist ein zusätzliches starkes Benefit. Auch eine BahnCard oder der Zuschuss zum Fittnessstudio sind nett.
Andere Stellenanzeigen fangen in der Regel mit der Firmengeschichte und der Profilbeschreibung an. Das ist in den meisten Fällen völlig irrelevant. Denn Bewerber:innen interessiert nur, wie die potentielle neue Stelle zum eigenen Lifestyle passt. Selbstverwirklichung ist das oberste Ziel, der Beruf muss sich dem unterordnen. Dazu passt auch, das Versprechen ganz oben auf der Seite: In 30 Sekunden bewerben.
Stellenanzeige der Zukunft: Die Aufgaben
Klicke ich auf den Button „Deine Aufgaben“ lande ich auf dieser Seite. Hier bekomme ich sehr detailliert beschrieben, was meine Aufgaben als neue:r Mitarbeiter:in sind und kann abgleichen, ob mich das interessiert. Was auffällt: Die Struktur ist sehr klar. Die Beschreibung des Aufgabenprofils ist übersichtlich und verständlich. Die Emojis sind ein nicer Touch.
Angereichert wird diese Seite mit Stimmen von bisherigen Mitarbeiter:innen. Für mich wäre dieser Teil verzichtbar, weil das Unternehmen natürlich keine negativen Stimmen abbilden würde. Aber zumindest gibt man der Firma so einige Gesichter und ich lerne potentielle Kolleg:innen kennen.
Stellenanzeige der Zukunft: Der Fragebogen
Im Anschluss folgt ein kurzer Fragebogen, den ich als Bewerber:in innerhalb von einer Minute durchklicken kann. Darin fragt das Unternehmen nach meiner Vorerfahrung und einer Selbsteinschätzung zu den eigenen Kompetenzen. Darauf folgt eine kurze Animation „Matching“, die natürlich in jedem Fall angezeigt wird – völlig egal, was ich im Fragebogen angegeben habe.
Der Vorteil dieses Fragebogens: Er suggeriert einen Mini-Bewerbungsprozess und steigert im Idealfall das Interesse an der Stelle. Außerdem können Bewerber:innen darüber abgleichen, ob sie die Anforderungen der Stelle erfüllen.
Stellenanzeige der Zukunft: Kontaktdaten
Anschreiben und Lebenslauf zu verfassen, ist aufwendig. Und es ist ärgerlich, darin viel Zeit zu stecken, wenn ich als Bewerber:in am Ende doch nicht die ersehnte Stelle bekomme. Deshalb sind diese Dokumente outdated. Für Gründer hat das in diesem Fall erkannt und verzichtet auf jegliche Formalitäten.
Stattdessen hinterlasse ich meine Kontaktdaten und das Unternehmen meldet sich, wenn es Interesse an mir hat. Personaler:innen googlen in vielen Fällen ja ohnehin die Bewerber:innen. Da bekommen sie die wichtigsten Hardfacts und können danach entscheiden, ob ein:e Bewerber:in zum Unternehmen bzw. zur Stelle passt. Interessierte können in diesem Fall sogar die URL zum LinkedIn-Profil angeben.
Stellenanzeige der Zukunft: Fazit
Was können wir also von dieser Stellenausschreibung lernen? Unternehmen sollten als erstes herausstellen, was sie Bewerber:innen bieten können. Allein daran entscheidet sich, ob junge Talente Lust haben, bei der Firma zu arbeiten. Wichtig sind Flexibilität der Arbeitszeit, des Arbeitsortes und eine angemessene finanzielle Kompensation. Wer eine Vier-Tage-Woche anbieten kann, hat einen klaren Wettbewerbsvorteil. Der Trend geht zu weniger Arbeit und mehr Zeit für Selbstverwirklichung.
Zusatzfeatures wie Wellness- oder Fitnessangebote sind nette Benefits, bei ausreichender Bezahlung aber kein Muss. Kostenlose Getränke, ein Obstkorb oder der Tischkicker im Büro sind mittlerweile sehr verbreitet und vor allem kein Alleinstellungsmerkmal sondern eher eine Selbstverständlichkeit.
Ich bin gespannt, ob ich in Zukunft häufiger auf solche Stellenanzeigen stoßen werde. Denn klar ist: Ohne auf die Wünsche und Ziele der Gen Z einzugehen, wird es für Unternehmen in Zukunft schwieriger auf dem Arbeitsmarkt.
Dein Unternehmen möchte junge Talente im Journalismus von sich überzeugen? Ihr könnt dafür eine Anzeige in meinem Job-Newsletter schalten. Schreib mir gerne bei Twitter oder LinkedIn.