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Warum ich mein WhatsApp-Konto gelöscht habe

Anfang des Jahres 2020 habe ich mein WhatsApp-Konto gelöscht. Seitdem fragen immer wieder Menschen in meinem Freundes- und Bekanntenkreis: “Warum hast du das gemacht?” Die Entscheidung hat mehrere Gründe.

Zugegeben: Es war kein einfacher Schritt, das Profil, alle Chats, Fotos, Videos und Sprachnachrichten zu löschen. Die App fragt im letzten Schritt: “Möchten Sie alle Chatverläufe und Daten löschen?” Nach dem Klick auf den Ja-Knopf stieg zunächst ein beängstigendes Gefühl in mir hoch. Schließlich ist WhatsApp eine der meistverbreiteten Messenger-Apps.

Nach einiger Zeit fühlte es sich aber eher nach einer Befreiung an. Denn ich habe schon länger mit dem Gedanken gespielt, mich von der Plattform zu verabschieden. Es gab dann konkrete Auslöser.

WhatsApp und die Werbung

Im Jahr 2014 kaufte Facebook WhatsApp für 19 Milliarden US-Dollar. Im Mai 2018 hat das Unternehmen bekanntgegeben, dass das man den Messenger für Werbekund:innen öffnen wolle. Ab 2020 sollten Werbeanzeigen zunächst zwischen WhatsApp-Status-Posts ausgespielt werden, später auch in den eigentlichen Nachrichten.

Diese Idee hielten WhatsApp-Gründer Jan Koum und sein Team von Anfang an für falsch. In einem Blogpost aus dem Jahr 2012 schreiben sie:

“Werbung ist nicht nur die Störung der Ästhetik, die Beleidigung deiner Intelligenz und die Unterbrechung deines Gedankengangs. (…) Sobald Werbung im Spiel ist, bist du, die Nutzerin, der Nutzer, das Produkt.”

Anfang dieses Jahres wurde zwar bekannt, dass Facebook die Werbepläne für den Messenger vorerst stoppt. Trotzdem gehen Brachen-Insider davon aus, dass Facebook seinen beliebtesten Messenger langfristig monetarisieren möchte. Ich möchte keine Werbung sehen, wenn ich mit meinen Freund:innen und Verwandten chatte.

WhatsApp und der Datenschutz

WhatsApp ist — wie einige andere Messenger auch — in den vergangenen Jahren immer wieder mit Berichten über Sicherheitslücken aufgefallen. Erst vor wenigen Wochen entdeckte der Journalist Jordan Wildon zufällig, dass mehrere Hunderttausend Einladungslinks zu WhatsApp-Gruppen via Google-Suche auffindbar waren.

Gerade bei einer so großen Basis an Nutzer:innen ist es wichtig, dass Daten sicher übertragen und gespeichert werden. Seit 2016 sind alle WhatsApp-Chats Ende-zu-Ende verschlüsselt. Dafür nutzt der Dienst das Signal-Protokoll. Metadaten sind hingegen nicht verschlüsselt. So kann WhatsApp weiter nachvollziehen wann, wie oft und mit wem ihr chattet.

Außerdem ist immer noch nicht ausreichend geklärt, wie viele und welche Daten der Messenger mit Facebook als Plattform austauscht. Offiziell heißt es dazu von WhatsApp:

“Derzeit teilt WhatsApp nur wenige Informationskategorien mit den Facebook-Unternehmen. Dazu gehören die Telefonnummer, die du bei der Registrierung für WhatsApp verifiziert hast, einige Geräteinformationen (Gerätekennung, Betriebssystemversion, App-Version, Plattforminformation, Ländervorwahl der Mobilnummer, Netzwerkcode sowie Markierungen, die es erlauben, deine Zustimmung zu Aktualisierungen und Steuerungsoptionen nachzuverfolgen) und einige deiner Nutzungsinformationen (wann du WhatsApp zum letzten Mal genutzt hast, wann du deinen Account registriert hast, sowie die Art und Häufigkeit deiner Nutzung von Features).”

Datenschützer:innen sehen in dieser Datenweitergabe einen eindeutigen Verstoß gegen die DSGVO. Für mich war das ein Grund mehr, den Account zu schließen.

WhatsApp und die Gruppenchats

Mir wurden es einfach zu viele WhatsApp-Gruppen. Für jeden Geburtstag hat jemand “mal eben ne Gruppe erstellt”, für die Geschenkeplanung, für die Koordination mit Kolleg:innen oder für das nächste Uni-Projekt.

Ich habe den Überblick verloren und hatte das Gefühl, dass die Kommunikation in Gruppen nicht sonderlich effizient abläuft. Diskussionen schweifen schnell vom Thema ab und ich muss mich trotz Stummschaltung durch alle Chat-Verläufe lesen, um zwischen Unwichtigem und Relevatem zu filtern. Darauf hatte ich keine Lust mehr.

Insofern ist der Weggang von der Plattform gewissermaßen auch eine Form von Digital Detox, weil ich nicht mehr so viele Nachrichten bekomme und Angst haben muss, irgendeine wichtige Nachricht zu verpassen.

WhatsApp und die Alternativen

Im engen Freundeskreis nutzen wir schon lange kein WhatsApp mehr, sondern sind auf Threema oder Signal umgestiegen. Das machte den Wechsel vergleichsweise einfach. Vor allem weil Alternativen auch immer beliebter in meiner Kontaktliste werden.

Die Verbraucherzentralen empfehlen Messenger zu verwenden, die weder Nachrichteninhalte noch andere Daten ihrer Nutzer zu Werbezwecken verwenden oder an andere Unternehmen weitergeben. Diese WhatsApp-Alternativen kann ich empfehlen:

Signal

Signal ist der persönliche Liebling von Edward Snowden. Der Dienst ist Open Source. Die Software ist also komplett transparent und einsehbar. Es gibt keine versteckten Codes und Hintertürchen. Und: Die App ist komplett kostenlos.

Wire

Wire ist kostenlos für Privatleute, vollständig Ende-zu-Ende verschlüsselt und Open Source. Der Messenger wird in Berlin programmiert und das Unternehmen hinter der Anwendung sitzt in Zug in der Schweiz. Die Server stehen in Europa.

Threema

Der Messengerdienst aus der Schweiz war einer der ersten, der sich der Ende-zu-Ende-Verschlüsselung und dem Datenschutz verschrieben hat. Die App ist aber kostenpflichtig.

Telegram

Dieser kostenlose Messenger-Dienst ist auch sehr beliebt. Vor allem, wenn man große Dateien versenden möchte, ist Telegram praktisch. Chats werden aber nicht standardmäßig verschlüsselt. Kritiker:innen bemängeln außerdem, dass die Software — wie bei WhatsApp auch— nicht vollkommen transparent ist. Nur einige Teile des Codes sind Open Source.

WhatsApp und die Zeit danach

Mittlerweile läuft die Kommunikation wieder ziemlich reibungslos. Viele meiner WhatsApp-Kontakte hatten ohnehin schon eine Alternative installiert, sodass der direkte Kontakt zu Menschen sehr gut funktioniert.

Die vielen WhatsApp-Gruppen fehlen mir überhaupt nicht. Doch stellte sich in den ersten Monaten heraus, dass die Kommunikation mit einigen Kolleg:innen und Kommiliton:innen durch meinen Weggang umständlicher wurde. Hierfür wird sich aber auch noch mit der Zeit ein Workflow entwickeln.

Insgesamt fühlt sich das Chatten für mich deutlich sicherer und entspannter an. Ich bin trotzdem gespannt, wie sich WhatsApp als Platzhirsch weiterentwickelt und welche Auswirkungen die Entscheidungen von Facebook für den Messenger haben werden.