Journalismus als Freiberuf: 10 Tipps für junge Journalist:innen

Oskar Vitlif am Telefon. In diesem Guide verrate ich Tipps für Journalismus als Freiberuf

Sich als Journalist:in selbstständig zu machen, bietet einerseits viele Freiheiten, bedeutet aber auch extrem viel Verantwortung. Nach fünf Jahren Selbstständigkeit teile ich meine Tipps zum Arbeiten im Journalismus als Freiberuf.

Nach dem Ende meines Volontariats beim WDR 2018 war für mich offen, wie es weitergeht: Eine mehr oder weniger sichere Anstellung in einer Redaktion bei geregelten und starren Arbeitszeiten – oder aber die Möglichkeit, sich als Journalist selbstständig zu machen und ein eigenes kleines Unternehmen zu gründen.

Mich hat die Vorstellung gereizt, mein eigener Chef zu sein – mit allen Freiheiten, aber auch mit der Verantwortung, langfristig gut von dem Job leben zu können. Deshalb habe ich mir ein Ziel gesetzt: Ich möchte mit meinem Beruf als freier Journalist vor meinem 30. Geburtstag 100.000 Euro im Jahr verdienen. Damals klang das wie ein weit entferntes, unerreichbares Ziel. Jetzt – fünf Jahre später – bin ich froh, den Mut gehabt zu haben, in die Selbstständigkeit zu gehen.

Natürlich ist Einkommen nur einer von vielen Indikatoren für berufliche Entwicklung. Work-Life-Balance, persönliche Zufriedenheit und Spaß bei der Arbeit können weitere Faktoren sein. Mir zeigt diese Zahl aber, dass meine bisherigen beruflichen Entscheidungen und Schritte offenbar nicht komplett falsch waren. Dafür war eine riesige Portion Glück nötig. Aber auch strategische Planung und gewissenhafte Arbeit können helfen, gut vom Journalismusberuf leben zu können.

Mir ist sehr bewusst, dass ich mit meinem Gehalt in einer sehr privilegierten Situation bin: Im Durchschnitt verdienen Menschen in Deutschland knapp 50.000 Euro pro Jahr (2022). Das jährliche Medianeinkommen für Vollzeitbeschäftigte lag 2023 laut Stepstone bei etwa 44.000 Euro brutto. Auch im direkten Vergleich mit freien Kolleg:innen lag mein Stundensatz 2023 deutlich höher als im Gehaltsreport von Medium Magazin und Freischreiber.

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass ich klein angefangen habe: Während des Studiums habe ich für einzelne Radiobeiträge zwischen 50 und 100 Euro bekommen. Tagessätze zwischen 75 und 150 Euro waren nicht unüblich. Kund:innen, die besser zahlten, kamen erst nach und nach dazu.

Das heißt, viel Geld im Journalismus zu verdienen ist weder üblich noch selbstverständlich. Trotzdem liebe ich meinen Beruf und möchte noch mehr junge Menschen für den Journalismus begeistern. Deshalb teile ich hier meine Erfahrungen und Tipps für alle, die Journalismus als Freiberuf angehen wollen.

Messbare Ziele setzen

Mir hat es in den vergangenen Jahren sehr geholfen, meine Arbeit als eigenes kleines Unternehmen zu betrachten. Denn im Endeffekt bist du als freie:r Journalist:in genau das: Dienstleister:in für andere Firmen. Dieses B2B-Geschäft braucht Ziele und geeignete Strukturen. Deshalb lege ich jedes Jahr Umsatz- und Gewinnziele fest, plane aber auch, wie viele Tage ich arbeiten und wie ich mich inhaltlich weiterentwickeln möchte.

Egal welche Ziele du für dich aufstellst, mach diese Ziele messbar. Das geht, indem du SMARTE Ziele formulierst. Diese Methode aus dem Projektmanagement hilft dabei, inhaltliche Vorgaben an Zahlen zu knüpfen, um zu überprüfen, ob du deine Ziele erreichst.

Vielfalt an Kund:innen

Je mehr Kund:innen du hast, desto weniger abhängig bist du von einzelnen Unternehmen und kannst selbstbewusster auftreten. Außerdem sicherst du dich mit einem großen Kund:innen-Stamm ab. Wenn ein Auftrag wegfällt, hast du genug andere Aufträge, die dich absichern. Gerade am Anfang ist es schwer viele Kund:innen auf einmal zu gewinnen. Ich habe Stück für Stück mit einzelnen Unternehmen begonnen, nach und nach kamen weitere dazu – auch durch Weiterempfehlungen.

Verlässlichkeit und Verbindlichkeit

Unternehmen arbeiten gerne mit dir zusammen, wenn sie auf dich zählen können. Das bedeutet, sich an Absprachen, Termine und Fristen zu halten, pünktlich zu sein und professionell aufzutreten. Damit das klappt, halte deinen (digitalen) Kalender aktuell und kommuniziere mit Kund:innen, sollte einmal etwas nicht nach Plan laufen. Meiner Erfahrung nach sind die meisten Redaktionen sehr nachsichtig und gemeinsam lässt sich oft eine Lösung finden – zum Beispiel, wenn sich Termine überschneiden.

Ich habe neben meiner Mailadresse auch meine berufliche Handynummer auf der Website platziert. Schnelles Antworten auf Anfragen oder ein direkter Rückruf hinterlassen zusätzlich einen guten Eindruck.

Langfristige Planung

Um dein Geschäftsjahr zu planen, brauchst du in der Regel viel Vorlauf. Mein Kalender ist teilweise schon ein Jahr im Voraus gefüllt. Ein langer Vorlauf hilft dir, Projekte auf die verschiedenen Kund:innen zu verteilen und gleichzeitig Zeit für Freizeit und Urlaub zu berücksichtigen.

Investieren in die eigene Marke

Zu meinen Tipps für Journalismus im Freiberuf zählt auch der Aufbau einer eigenen Marke. Ich räume mir regelmäßig Zeit ein, um meine Social-Kanäle oder diesen Blog zu bespielen. Auch Auftritte auf Fachkonferenzen oder Veranstaltungen helfen, die eigene Marke bekannter zu machen. Ich nehme mir aber auch mehrmals im Jahr Zeit für Fortbildungen, um neues Wissen für die eigene Arbeit zu nutzen. Gerade lerne ich beispielsweise zu programmieren.

Vernetzung mit Kolleg:innen

Beim Start in meine Selbstständigkeit hat mir der Austausch mit erfahreneren Kolleg:innen sehr geholfen. Menschen, die deine Situation verstehen, können am besten erklären, wie die VG WORT funktioniert, wie du dich bei der KSK anmeldest oder wie hoch du ein Honorar ansetzen kannst. Ich habe dafür ältere Kolleg:innen in der Redaktion angesprochen. Aber auch die Vernetzung innerhalb eines Berufsverbands kann ich sehr empfehlen. Ich bin Mitglied im DJV, vorher habe ich in der Jugendpresse Deutschland Gleichgesinnte gefunden.

Zeit für Orgakram

Anders als Festangestellte müssen sich Freiberufler:innen auch um ihr Backoffice kümmern. Termine planen, Rechnungen schreiben, E-Mail-Korrespondenz, Reisebuchungen – das alles kostet Zeit. Deshalb plane ich pro Monat drei bis vier Arbeitstage für Organisatorisches ein.

Saubere Buchhaltung

Einige Kolleg:innen machen ihre Buchhaltung mit Excel, schreiben Rechnungen mit Word. Ich habe gemerkt, dass mir eine ordentliche Buchhaltung viel Sicherheit gibt. Mein Buchhaltungstool Lexoffice habe ich mit einem separatem Geschäftskonto verknüpft. Jede Einnahme und Ausgabe, die noch keinen Beleg hat, kann ich so im Blick behalten. Auch unbezahlte Rechnungen zeigt mit das Webtool an. Außerdem hilft mir Lexoffice beim Jahresabschluss und den Vorauszahlungen für die Umsatzsteuer. Solche Anwendungen lassen sich natürlich als Geschäftsausgaben absetzen.

Hälfte der Honorare zurücklegen

Wenn deine ersten Honorare auf deinem Konto eingehen, solltest du darauf achten, davon nicht zu viel auszugeben. 40 bis 50 Prozent der Bruttoeinnahmen solltest du auf ein Unterkonto schieben. Denn Einkommenssteuer und ggf. Umsatzsteuer werden auch noch fällig. Einige Geschäftskonten bieten an, für diese Abgaben automatisch Rücklagen zu bilden. Ich finde diese Funktion bei Kontist total praktisch.

Regelmäßiges Abschalten

Gerade dann, wenn jeder Arbeitstag über den wirtschaftlichen Erfolg des eigenen Unternehmens entscheidet, ist es naheliegend, noch einen Tag mehr mit Arbeit zu verbringen. Kurzfristig mag das funktionieren. Ich habe aber in den vergangenen Jahren gelernt, wie wichtig ein Ausgleich zur Arbeit ist, um langfristig genug Kraft zu haben. Deshalb nehme ich mir regelmäßig freie Tage und mache Urlaub – der Laptop bleibt zu Hause.

Tipps für Journalismus als Freiberuf: Mein Fazit

Nach fünf Jahren Selbstständigkeit ist mir vor allem klar geworden, wie wichtig strategische Planung und Zielsetzung für das eigene Mini-Unternehmen ist. Mittlerweile bin ich in der extrem privilegierten Situation, sehr gut von meiner Arbeit leben zu können und hoffe, dass meine Tipps allen weiterhelfen, die sich selbst mit dem Freiberuf Journalist:in selbstständig machen wollen.

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